Bildungspolitik am praktischen Beispiel erlebt

Die mittlerweile vierte Station ihrer Praktikumstour „Zuhören und anpacken“ führte Landtagsabgeordnete Beate Meißner diese Woche in die Gemeinschaftsschule „Joseph Meyer“ nach Föritztal. Bewusst hatte sie sich für den Grundschulteil in Schwärzdorf entschieden.

Kurz vor Beginn der ersten Schulstunde wurde sie dort von Gemeinschaftsschulleiterin Yvonne Eschrich begrüßt. 350 Schülerinnen und Schüler lernen in der Gemeinschaftsschule, 180 davon in acht Grundschulklassen. So konnte die Praktikantin zunächst eine zweite Klasse und im weiteren Tagesverlauf noch die Schulanfänger, die vierten Klassen und den Nachmittagshort begleiten. „Überall habe ich engagierte Lehrerinnen und einen Lehrer erlebt, die aber auch an ihre Grenzen stoßen.“

So kam die Abgeordnete schnell auf das Thema Inklusion zu sprechen. Derzeit verfügt die Gemeinschaftsschule über lediglich eine sonderpädagogische Fachkraft, die drei Kinder mit sonderpädagogischen Gutachten, 17 mit Förderplan und sechs mit Nachteilsausgleich aufgrund Lese-Rechtschreib-Schwäche betreut. Auch wenn in Kürze dafür eine weitere Fachkraft mit 12 Wochenstunden hinzukommen wird, kann Inklusion so nicht gelingen. „Ich unterstütze den gemeinsamen Unterricht, aber wir müssen doch den Tatsachen ins Auge schauen: Weder den Kindern, noch den Lehrern und Eltern ist geholfen, wenn die Bedingungen nicht stimmen. Zuerst müssen die Fachkräfte da sein, damit Inklusion nicht zu Lasten aller Schülerinnen und Schüler geht“, fühlt sich Meißner bestätigt.

Im Unterrichtsgeschehen konnte sie auch beobachten, wie schwer es Kinder mit Migrationshintergrund haben. Vor allem mangelnde Deutschkenntnisse erschweren die Integration und den Lernfortschritt. Einig war sich Meißner mit den Lehrkräften, dass eine Vorschulklasse zum Erwerb von Grundlagen der deutschen Sprache zwingend notwendig ist. Dieses hatte die CDU-Landtagsfraktion in ihrem Integrationsgesetz vorgeschlagen, was von der rot-rot-grünen Regierungskoalition im Thüringer Landtag abgelehnt wurde.

Lehrkräfte von heute stehen aber noch anderen Herausforderungen gegenüber. So erfuhr die Landtagsabgeordnete, dass aufgrund unterschiedlicher Schulstandorte einer Gemeinschaftsschule eine Lehrkraft auf drei Schulstandorte von Schalkau bis Neuhaus-Schierschnitz aufgeteilt bis zu 200 km Fahrstrecke in einer Woche absolvieren muss. Dass dies zu Lasten der Motivation geht, dürfte wohl jedem klar sein.

Schulleiterin Yvonne Eschrich beklagte nicht nur das Fehlen einer Klassenlehrerin in der vierten Klasse, sondern auch eine fehlende Lehrkraft für Musik und Kunst im Regelschulbereich. Diese Probleme, genauso wie der fehlende Schallschutz im viel zu kleinen Speisesaal nahm Beate Meißner mit und versprach im Staatlichen Schulamt Suhl und im Schulverwaltungsamt im Landratsamt nachzuhaken. „Natürlich kann man weder Lehrer backen, noch von einem Tag auf den anderen eine neue Schule bauen, aber was möglich ist, muss möglich gemacht werden“, so die Wahlkreisabgeordnete.

Am Ende eines aufschlussreichen Praktikumstages ging Beate Meißner dennoch mit einem guten Eindruck nach Hause. „Bei allen Problemen habe ich Lehrkräfte und Pädagoginnen erlebt, die persönlich ihr Möglichstes tun, um unseren Jüngsten einen guten Start ins Schulleben zu ebnen. Ich bin dankbar für die Einblicke, denn so konnte ich mir ein realistisches Bild machen. Ohne Schuldzuweisungen an vergangene oder jetzige Bildungspolitik muss ich allerdings feststellen, dass es einigen Verbesserungsbedarf gibt“, so die Sonnebergerin abschließend.

18.09.2019

Bildungspolitik am praktischen Beispiel erlebt